Daniel Marco Siegfried
Co-Gründer und Director of Projects

 

Im August-Newsletter 2016 habe ich über meinen Optimismus im Hinblick auf die Situation in Myanmar geschrieben und dabei den Satz „…steigt Myanmar wie ein Phönix aus der Asche“ benutzt. Zweieinhalb Jahre später sieht es so aus, als ob dieser Phönix einen Haufen Asche erzeugt hat. Der Friedensprozess ist zum Stillstand gekommen, und es werden immer mehr Konflikte zwischen der Regierung und bewaffneten Gruppen ethnischer Minderheiten gemeldet. Das Land hat grosse Mühe, eine inklusive und gerechte Gesellschaft aufzubauen.

Während INGOs und UN-Agenturen dafür kämpfen müssen, Gelder zu bekommen für die Flüchtlingslager in Bangladesch, werden immer mehr Berichte publik gemacht, die in aller Grausamkeit aufzeigen, was dort geschehen ist. Viele Spenderinnen und Spender, die solche Berichte sehen oder lesen, fragen sich, ob sie weiterhin Organisationen in Myanmar unterstützen sollen, weil sie befürchten, dass diese Organisationen mit der Regierung zusammenarbeiten und diese so stärken. Sollten Spenderinnen und Spender also ihre Unterstützung für Projekte in Myanmar einstellen? Child’s Dream wurde diese Frage schon oft gestellt, und die Antwort ist ein klares Nein. Diese junge Demokratie braucht jede Hilfe, die sie bekommen kann, um ihren Kurs halten zu können. Trotz gravierender Rückschläge können über die letzten sieben Jahre grosse politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Fortschritte verzeichnet werden – diese wären bedroht, würden sich die internationale Gemeinschaft und ihre Spenderinnen und Spender aus Myanmar zurückziehen. Viele grössere INGOs oder UN-Agenturen arbeiten mit der Regierung, um deren Institutionen zu stärken und den Kompetenzaufbau bei den Angestellten zu unterstützen. Obwohl diese Herangehensweise aktuell oft in Frage gestellt wird, ist sie immer noch nötig. Spenderinnen und Spender sollten ihre Gelder jedoch so einsetzen, dass sie Anreize für Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Regierung und ethnischen Gruppierungen schaffen. Aktivitäten, die gemeinsame Ausbildung, Informationsaustausch, Koordinationstreffen und gegenseitige Besuche umfassen, sollten unterstützt werden. Nur mit einem besseren Verständnis für die jeweils andere Seite wird es möglich sein, Vertrauen aufzubauen und die jahrzehntealten Konflikte und den bestehenden gegenseitigen Argwohn zu überwinden.

Die meisten kleineren Organisationen wie Child’s Dream kümmern sich direkt um die Bedürfnisse im Bereich Gesundheit und Ausbildung von benachteiligten Gemeinschaften. Child’s Dream arbeitet sowohl in Gegenden mit ethnischen Minderheiten wie auch mit Bamar (Burmesen). Wir fördern mit unseren Ausbildungsprogrammen ethnien- und religionen-übergreifenden Dialog, aktive Staatsbürgerschaft und ökologische Nachhaltigkeit. Unser Ziel ist es dabei, die neue Generation darin auszubilden und zu bestärken, Verantwortung zu übernehmen, den Friedensprozess voranzutreiben und eine inklusive Gesellschaft aufzubauen, indem sie unter den ethnischen Gruppen aber auch gegenüber der Regierung das Bewusstsein und das Verständnis füreinander stärken.

Trotz der aktuell düsteren Stimmung gibt es auch Hoffnung. Nächstes Jahr wird es in Myanmar nationale Wahlen geben, die zu mehr Diversität in Parlament und Regierung führen dürften. Sowohl die Regierung und ihre Armee wie auch die bewaffneten Gruppen ethnischer Minderheiten müssen gewahr werden, dass in einer Demokratie (Meinungs-)Verschiedenheiten mit Diskussionen, Referenden und Wahlen begegnet werden und nicht durch Anheizen von Konflikten, die immer wieder zu neuen Aschenhaufen führen.